Durch die Einrichtung von Compliance-Abteilungen verfolgen die Unternehmen die Zielsetzung, Rechtsverstöße durch Prävention und Aufdeckung zu minimieren.
Ziel der Compliance-Abteilung ist es dabei vor allem den Vorstand bzw. die Geschäftsführung vor staatlichen Repressalien aufgrund von aus dem Unternehmen heraus begangenen Gesetzesverstößen zu schützen. Was sich in der Theorie noch (bedingt) lösbar darstellt, erscheint in der Praxis häufig nicht realisierbar. Liest man in etwa das Neubürgerurteil des LG München I, Az. 5HK O 1387/10, 5HK O 1387/10 (Volltext siehe https://openjur.de/u/682814.html), kommen Zweifel an der Umsetzbarkeit eines enthaftenden Systems auf bzw. die Anforderungen sind unklar und teilweise in der Praxis nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand umsetzbar.
Der Vorstand steht dabei immer wieder vor Compliance Entscheidungen, in denen er trotz aufwendiger Prüfungen nicht mit letzter Sicherheit sagen kann, ob ein Verstoß vorliegt oder nicht, da sich der Sachverhalt nicht vollständig aufklären lässt. Ob beispielsweise der Unterlieferant im dritten Glied eines ausländischen Vertragspartners unsauber arbeitet oder nicht, ist mit den Mitteln eines Unternehmens oft nicht aufklärbar, es mangelt in diesem Beispiel u.a. an einer vertraglichen Beziehung zu diesem Unterlieferanten, die eine Prüfung rechtfertigen könnte. Auch Auditrechte des Vertragspartners können nur bedingt soweit ausgedehnt werden. Dies ist nur ein Beispiel für das Dilemma, in dem sich der Vorstand häufig befindet. Schließt er aber aus Angst vor möglichen Rechtsverstößen und unabsehbaren Geldbußen und Haftstrafen keine Aufträge mehr ab, schadet dies dem Unternehmen und der Volkswirtschaft.
Die Frage ist daher, ob es aus dieser Situation Abhilfe geben kann. Bei wirtschaftlichen Prognoseentscheidungen sowie wenn weitere Voraussetzungen erfüllt sind, greift die sogenannte „Business Judgement Rule“ gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG. Ob diese und wenn ja, bei welchen Entscheidungen, die Business Judgement Rule für Compliance Maßnahmen des Vorstands greift, untersucht der folgende Aufsatz in zwei aufeinander folgenden Teilen. Teil 1 können Sie hier einsehen, der im Juli erscheinende Teil 2 wird zum Veröffentlichungstermin ebenfalls hier eingestellt werden.
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